Kommunale Finanzen in Nordrhein-Westfalen am Beispiel von Rommerskirchen

Warum eine eigene kommunale Finanzebene?

Von Mascha Stanzel

Rommerskirchen, mit seinen knapp 13.000 Einwohner/innen, ist eine von fast 400 Gemeinden in Nordrhein-Westfalen (IT NRW). Durch unser föderatives System in der Bundesrepublik Deutschland, also die Aufgliederung des Staates in Bund und Länder, sind die staatlichen Kompetenzen nicht bei einer Körperschaft konzentriert. Die Gemeinden stellen unter den Gebietskörperschaften die unterste Ebene dar und sind für bestimmte Aufgaben selbst zuständig (Zimmermann 2009: 48). Auch das Grundgesetz legt das in Artikel 28 fest. Da heißt es im Absatz 2:

„Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“

Diese Autonomie bedeutet auch, dass die Kommunen selbst über ihr Geld bestimmen. Die Finanzen der Gemeinde Rommerskirchen stehen im Zentrum dieses Artikels. Er soll Aufschluss darüber geben, wie das kommunale Finanzsystem strukturiert ist. Für die Bewohner/innen von Rommerskirchen ist es ja nicht ganz uninteressant, mit welchen Beträgen im Bürgerhaus so rumjongliert wird, wo die Gelder herkommen und wo sie hinfließen. Außerdem erlebt man in seiner Gemeinde Demokratie vor Ort und jede/r Bürger/in kann dabei mitwirken. Das Finanzsystem ist auch davon geprägt, dass die Bewohner/innen der Gemeinde viele unterschiedliche Bedürfnisse haben, von denen aber nicht alle umgesetzt werden können. Aus diesem Spannungsverhältnis ergibt sich die organisatorische Aufgabe festzulegen, welche Bedürfnisse befriedigt und welche öffentlichen Leistungen dementsprechend bereitgestellt werden sollen. Diese Aufgabe zu verfolgen nennt man Allokationsziel (Zimmermann 2009: 10).

Dabei sollte die Gemeinde natürlich immer „effizient“ wirtschaften. Darauf gehen wir nun genauer ein, indem wir die Ausgaben und Einnahmen der Gemeinde näher betrachten.

Kommunale Aufgaben und Ausgaben

Um an dieser Stelle noch einen Fachbegriff einzubauen, kommen wir zum Prinzip der Subsidarität. Dieses Prinzip fördert die Selbstbestimmung der Kommunen und besagt, dass wenn eine öffentliche Aufgabe auf einer niedrigen Ebene (kommunale Ebene) erfüllt werden kann, sie dort auch erfüllt (und finanziert) werden soll (Zimmermann: 18). Also im Zweifelsfall muss zunächst die Kommune Geld in die Hand nehmen und ihre Aufgaben selbst erfüllen. In einer Gemeinde kommen viele Bedürfnisse und Wünsche der Bürger/innen zusammen und um diese zu erfüllen, müssen die Aufgaben verteilt werden.

Wie wir dem Artikel „Der Aufbau und die Aufgaben der Rommerskirchener Gemeindeverwaltung“ (LINK) entnehmen können, ist die Fülle der Aufgaben einer Kommune groß. Die Bewältigung dieser Aufgaben kostet viel Geld.

Die Grundlage der Kommunalfinanzen ist der Haushaltsplan. Dieser ist ein sehr umfangreiches und differenziertes Zahlenwerk und umfasst, wie in Rommerskirchen, auch schnell mal knapp 400 Seiten. Mit diesem Plan soll ein Überblick über wichtige Daten der Finanzwirtschaft von Rommerskirchen vermittelt werden. Das Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (NKF) ist am 1.1.2005 in Kraft getreten und besagt, dass alle Kommunen ab 2009 ihr Rechnungswesen auf das System der doppelten Buchführung umstellen müssen. Mit dem doppischen Haushalts- und Rechnungswesen sollen das kommunale Ressourcenaufkommen und der Ressourcenverbrauch (Aufwand, Erträge, Abschreibungen) dargestellt, die Verpflichtungen periodengerecht zugeordnet sowie die Vermögens- und Kapitalsituation (Jahresabschluss) abgebildet werden (Haushaltsplan Rommerskirchen: 17).

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Thema: Wofür wird Geld in unserer Gemeinde ausgegeben? Zum einen gibt es Personalausgaben/-aufwendungen. Die Beschäftigten im Rathaus, in den Kitas und Schulen müssen bezahlt werden. Dazu kommen Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen wie z. B. Kosten für Verbrauchsmaterial, Energie, Wasser, Strom, Materialaufwendungen für Reparaturen, Fremdleistungen für Reparaturen oder Aufwendungen für Kommunikation, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit. Die Versorgungsaufwendungen gehören ebenso dazu und sind Aufwendungen an Pensions- und Unterstützungskassen. Ausgaben finden auch bei der Abschreibung von Vermögensgegenständen statt. Das können zum Beispiel Sachanlagen sein, die sich über die Jahre abnutzen und an Wert verlieren, also Eigenkapital verloren geht (Horvath). Ein weiterer großer Teil der Ausgaben umfasst die Transferaufwendungen, also die Sozialleistungen für z.B. Jugendhilfe, Bedürftige, Erziehungshilfe und Sozialausgaben an Einrichtungen.

Anhand dieser Auflistung können wir sehen, dass die Gemeinde durchaus einige Kosten zu decken hat. Im Jahr 2016 betrug der Gesamtbetrag der geplanten Ausgaben/Aufwendungen in Rommerskirchen 33.339.176 Euro (Haushaltsplan Rommerskirchen: 41). Wo kommt das Geld dafür aber her?

Kommunale Einnahmen

Der Kommune stehen verschiedene Einnahmequellen zur Verfügung, insbesondere Steuern, Gebühren und Beiträge sowie Kreditaufnahmen (Fliedner / Trömmer: 13). Um effizient zu wirtschaften sollten die Einnahmen auch die Ausgaben bestimmen. Nach dem Maximalprinzip wird also versucht, mit den vorhandenen Einnahmen so viele Bedürfnisse wie möglich zu befriedigen. Das Grundgesetz befasst sich in Artikel 106 Absatz 5, 5a, 6 und 7 mit den Kommunalfinanzen. Der Finanzausgleich soll den Gemeinden im Rahmen der insgesamt verfügbaren Mittel eine ausreichende und möglichst dauerhafte Grundlage für die Erfüllung der Aufgaben geben (Grundlagen der kommunalen Finanzwirtschaft – BVS Lehrbuch). Der Finanzausgleich bedeutet die Aufteilung der Steuern auf Bund, Länder und Gemeinden. Die Schlüsselzuweisung aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) beträgt in Rommerskirchen für 2017 circa 290.288 Euro. Die Gemeinden sind ebenso mit einem Prozentsatz am Aufkommen der Einkommens- sowie an der Umsatzsteuer beteiligt. In Rommerskirchen betrug der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer 7,5 Mio. Euro und an der Umsatzsteuer 292.100 Euro (Haushaltsplan Rommerskirchen: 24ff.).

Grund- und Gewerbesteuer sind ebenso wichtige Einnahmequellen. Die Gemeinden haben das Recht, Hebesätze für diese Realsteuern festzusetzen. Besitzt man ein Grundstück in Deutschland muss man jährlich eine Grundsteuer und einmalig eine Grunderwerbssteuer zahlen. Der Steuersatz der Grundsteuer hängt davon ab, wofür was das Grundstück genutzt wird. Die Grundsteuer A bezieht sich auf land- und forstwirtschaftliche Nutzung und die Grundsteuer B auf sonstige Grundstücke. Machen wir uns das doch an einem Beispiel der Grundsteuer B mal deutlich:

  • Wir kaufen in Rommerskirchen ein Haus für 250.000 Euro.
  • Vom Finanzamt wird dann ein Einheitswert ermittelt. Dieser beträgt dann, basierend auf Wertschätzungen von Grundstücken aus dem Jahr 1964, 50.000 Euro.
  • Je nach Grundstück (einfamilien, mehrfamilien) kommt die einheitliche Grundsteuermesszahl ins Spiel. Sie beträgt meist so um die 0,3 %.
  • Die Gemeinde hat dann die Möglichkeit einen Hebesatz zu beschließen (NRW.Invest Germany). In Rommerskirchen beträgt er für die Grundsteuer A 285 %, für die Grundsteuer B 465 % und für die Gewerbesteuer 450 % (Haushaltsplan, 20).
  • Wir rechnen: Einheitswert 50.000 Euro * Grundsteuermessbetrag 0,3 % = 150 Euro
    Hebesatz der Gemeinde 465 %: 150 Euro * 465 % = 697,5 Euro.
    Der Grundstückbesitzer muss also jährlich eine Grundsteuer B von 697,5 Euro zahlen.

Außerdem können die Kommunen für ihre Dienstleistungen Beiträge und Gebühren verlangen. Dazu gehören bspw. Verwaltungsgebühren bei der Ausstellung eines Personalausweises oder Wasserversorgungs- und Abwassergebühren, um die öffentliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung zu gewährleisten sowie Gebühren für die Abfallentsorgung und Straßenreinigung. Beiträge werden bei der erstmaligen Herstellung einer Einrichtung (Straße, Wasser, Abwasser) erhoben und hängen von der baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks ab. Des Weiteren stehen der Kommune die örtlichen Verbrauchsteuern wie z. B. Hunde- und Vergnügungssteuer als eigene Steuer zu. Schließlich können Gemeinden auch Kredite bei verschiedenen Kreditinstituten wie der KfW oder der Sparkasse aufnehmen, um bestimmte Vorhaben zu finanzieren. Allerdings müssen sie erst alle anderen Einnahmemöglichkeiten ausgeschöpft haben (Fliedner / Trömmer: 14). Für das Jahr 2017 wurden in Rommerskirchen Kredite in Höhe von 3,2 Mio. Euro veranschlagt (Haushaltsplan Rommerskirchen:12).
Im Jahr 2016 betrug der Gesamtbetrag der geplanten Einnahmen/Erträge in Rommerskirchen circa 33 Mio. Euro (Haushaltsplan Rommerskirchen: 40).
Wer sich etwas ausführlicher über die Ausgaben und Einnahmen von Rommerskirchen informieren will, kann einen Blick in den Haushaltsplan werfen.
Der vom Rommerskirchener Kämmerer Bernd Sauer aufgestellte Entwurf zur Haushaltssatzung, muss vom Bürgermeister Martin Martens bestätigt und dann vom Gemeinderat beschlossen werden.

Haushaltskontrolle/ Verschuldung der Kommune

Was passiert eigentlich, wenn Kommunen über ihre finanziellen Verhältnisse leben und Schulden anhäufen? In Anbetracht der Tatsache, dass der Schuldenberg der NRW-Kommunen 2016 einen Höchststand von 63,5 Mrd. Euro erreichte, ist diese Frage für jede Kommune von Relevanz. Schuldenfrei sind in NRW nur elf von 396 Städten und Gemeinden (Die Welt). Rommerskirchen gehört zu den verschuldeten Kommunen. Seit 2014 wurden jedoch Schulden reduziert und der Gemeindehaushalt von 2017 weist seit 1975 erstmals ein Überschuss von 120.000 Euro auf (Pressemitteilung der Gemeinde Rommerskirchen). Dennoch ist jede/r Einwohner/in in Rommerskirchen mit circa 750 Euro pro Kopf verschuldet (Haushaltsplan Rommerskirchen: 48).

Der Haushalt muss in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. Gelingt das nicht, muss die Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen. Darin muss dargestellt werden, wann und wie die Kommune den Haushaltsausgleich erreichen will. Dieses Konzept muss von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. In Zeiten knapper Kassen werden die politischen Entscheidungen darüber, welche Leistungen für die Bürger/innen bereitgestellt werden können, immer schwieriger. Es stellen sich Fragen darüber, was wichtig ist und auf was verzichtet werden kann. Das muss mit den Bürger/innen diskutiert und dann durch den Gemeinderat beschlossen werden (Fliedner / Trömmer: 15). Es kann auch ein sogenannter Staatskommissar eingesetzt werden, der die finanzielle Lage untersucht und sämtliche Einsparungen umsetzt. Dadurch werden natürlich die Befugnisse der gewählten Vertreter deutlich beschränkt. Klassische Sparmaßnahmen für eine verschuldete Kommune sind die Erhöhung von Beiträgen und Gebühren sowie die Streichung von größeren Investitionen (Mathea).

Quellen:

  • Aktuelle Pressemitteilungen der Gemeinde Rommerskirchen. Verantwortlich: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 2017.
    Abrufbar unter: www.rommerskirchen.de (Stand: 25.09.2017).
  • BVS Lehrbuch. Grundlagen der kommunalen Finanzwirtschaft. BVS Verlag Waldkirchen. 2012, Leseprobe.
    Abrufbar unter: www.bvs.de (Stand: 25.09.17).
  • Deutscher Bundestag. Der Bund und die Länder – Artikel 28.
    Abrufbar unter: www.bundestag.de (Stand: 25.09.17).
  • Die Welt. In NRW ist jeder im Schnitt mit 3551 Euro verschuldet. Veröffentlicht am 21.06.2017.
    Abrufbar unter: www.welt.de (Stand: 25.09.17).
  • Fliedner, Ortlieb/ Trömmer, Markus. Kommunalpolitik verstehen. Für ein besseres Politikverständnis in Nordrhein-Westfalen. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung. 2015.
    Abrufbar unter: library.fes.de (Stand: 25.09.17).
  • Haushaltsplan Rommerskirchen.
    Abrufbar unter: www.rommerskirchen.de (Stand: 25.09.17).
  • Horvath, Michael. Gabler Wirtschaftslexikon. Abschreibung. Abrufbar unter:
    wirtschaftslexikon.gabler.de (Stand: 25.09.17).
  • IT. NRW. Information und Technik in Nordrhein-Westfalen. Kreise, Städte und Gemeinden in NRW.
    Abrufbar unter: www.it.nrw.de (Stand: 25.09.17).
  • Mathea. Christian. Kommunalfinanzen: Was passiert, wenn das Dorf pleite ist? News.de. Veröffentlicht am 15.02.2011.
    Abrufbar unter: www.news.de (Stand: 25.09.17).
  • Zimmermann, Horst. Kommunalfinanzen. 2., überarb. Aufl. Berlin: BWV, Berliner Wiss.-Verl., 2009. Print.