Kommunale Wohnungs- und Siedlungsflächenpolitik

Von Justus Rahn

Wozu Wohnungspolitik?

Es ist ein Thema, das man selten mit „der Politik“ verbindet, obwohl das eigene Zuhause für alle Bürgerinnen und Bürger etwas unvorstellbar Wichtiges ist: die Wohnungspolitik, genauer die kommunale Wohnungs- und Siedlungsflächenpolitik. Klingt kompliziert? Erstmal ist es doch ganz einfach – am Wohnungsmarkt finden Angebot und Nachfrage zusammen. Herr Schmitz sucht eine Wohnung für sich und seine Familie, Frau Müller hat entsprechenden Wohnraum zur Verfügung; man schaut sich die Wohnung an, unterzeichnet gemeinsam den Mietvertrag und beide Parteien sind zufrieden. Wozu braucht es da die Politik? Ganz so simpel ist es nicht. Wie ein Garten muss auch der Wohnungsmarkt von der Politik gepflegt – in diesem Fall nennt man das „reguliert“ – werden, damit es nicht zu einem Schiefstand zwischen Angebot und Nachfrage kommt. Denn jede Bürgerin und jeder Bürger in Deutschland hat das Recht auf Wohnraum. Und schon jetzt zeigen sich gravierende Unterschiede auf dem Wohnungsmarkt, wenn man sich die Regionen in Deutschland anschaut: In großen und begehrten Städten wie München, Köln, Hamburg oder Frankfurt kann man kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden, teilweise kommen 600 Bewerber*innen auf eine Wohnungsanzeige (Domiando: 2015). Dort muss man damit rechnen, dass etwa die Hälfte des Einkommens allein für die Miete aufgewandt werden muss (Hans-Böckler-Stiftung: 2017).

In ländlicheren, strukturschwächeren Gegenden hingegen gibt es einen großen Leerstand von Wohnraum. Das liegt zum einen daran, dass viele jüngere Menschen in große Städte ziehen, zum Beispiel um dort eine Ausbildung zu machen oder um zu arbeiten. Zum anderen aber gibt es viele Wohnräume (insbesondere Plattenbauten), die aufgrund ihrer mangelnden Qualität nicht mehr gewünscht sind. Der Staat steht also vor der Herausforderung, bezahlbaren und angemessenen Wohnraum zu schaffen; er hilft vor allen Dingen sogenannten „A-Gruppen“, die besondere Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche haben. Dazu gehören Alte, Arbeitslose, Ausländer und Ausländerinnen, Auszubildende und Alleinerziehende. Sie haben oft nur ein geringes Einkommen und werden von Vermietern und Vermieterinnen darum oft benachteiligt (Naßmacher 2017: 323ff.)

Was macht eigentlich die Wohnungspolitik?

In Deutschland gibt es drei verschiedene Ebenen, auf denen Politik gemacht wird, nämlich den Bund, die Länder und die Gemeinden, wie z.B. Rommerskirchen (Naßmacher 2007: 343ff.). Für die Wohnungspolitik bedeutet das, dass während der Bund und das Land die Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Wohnungspolitik schafft, die Gemeinden für die Bedarfserhebung und Durchführung neuer Projekte verantwortlich sind – sie setzen also zum großen Teil um, was Bund und Länder beschließen.

Für die Kommunen heißt es darum oft: Ärmel hochkrempeln! Sie bauen z.B. Genossenschaftswohnungen und prüfen immer wieder aufs Neue, wie sich die Bedürfnisse und Eigenschaften der Bürgerinnen und Bürger verändern. Wenn es also beispielsweise immer immer mehr Familien mit Kindern gibt oder viele Singles aus den umliegenden Städten hinzuziehen, muss die Kommune darauf wohnungspolitisch reagieren. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass die Kommunen sich regelmäßig ein Bild von dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage machen, wie kürzlich in der vom Rhein-Kreis Neuss (September 2017) in Auftrag gegebenen Wohnungsbedarfsanalyse geschehen.

Wohnungspolitik vor Ort: Was bewegt uns in Rommerskirchen?

Nicht in jeder Gemeinde sind die Aufgaben und Herausforderungen dieselben. In Köln muss man sich beispielsweise mit großer Wohnungsnot auseinandersetzen, während sich auf dem Land Leerstand sammelt. Rommerskirchen ist zwar eine der kleineren Gemeinden im Rhein-Kreis Neuss, wächst jedoch stetig, wie der gesamte Kreis – Rommerskirchen ist mit Kaarst und Jüchen sogar Spitzenreiter (InWis 2017). Doch dadurch gibt es besondere Herausforderungen für die Wohnungspolitik, kurz gesagt: Es muss dafür gesorgt werden, dass jeder Bürger, ob alteingesessener Rommerskirchener oder willkommener Neuzugang, eine Bleibe hat. Dafür muss zunächst einmal festgestellt werden, wie hoch der Bedarf an neuem Wohnraum bzw. neuen Siedlungsflächen ist. Im Rhein-Kreis Neuss ist im Bereich der Mietwohnungen die Nachfrage nach kleinen Wohnungen, die günstig oder zumindest im Mittel liegen, sehr hoch; Singles und Paare suchen hauptsächlich nach solchen. Auch größere Wohnungen, in denen Familien mit mehreren Kindern probemlos wohnen können, werden händeringend gesucht. Begehrt sind vor allen Dingen Wohnungen im günstigen oder mittleren Preissegment. Angebotsseitig sind insbesondere mittelgroße Wohnungen im mittleren Preissegment verfügbar – nicht unbedingt das, was nachgefragt wird. Und wie sieht es bei Eigentumswohnungen aus? Hier gilt in Rommerskirchen: Je größer die Wohnung, desto höher die Nachfrage. Auch, wer ein Häuschen kaufen möchte, ist in Rommerskirchen nicht allein; die Kölner und Düsseldorfer haben zum Beispiel längst erkannt, wie schön es in Rommerskirchen ist und möchten oft ein Eigenheim hier beziehen.

Eine zusätzliche Herausforderung ist auch das Thema „Flüchtlinge“. Die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung, etwa aus Syrien, nach Deutschland geflohen sind, benötigen selbstverständlich ebenfalls Wohnraum. In den letzten zwei Jahren sind knapp 4.800 Flüchtlinge in den Rhein-Kreis Neuss gekommen, in Rommerskirchen 213 (InWis: 2017). Darauf muss mit zusätzlichem Wohnraum reagiert werden, wenn man auch davon ausgehen kann, dass nicht alle der 4.800 ursprünglich gekommenen Personen bleiben werden (InWis: 2017).

Was wird in Rommerskirchen konkret für die Wohnungspolitik getan?

Im ganzen Rhein-Kreis Neuss werden also, wenn kein Engpass riskiert werden soll, etwa 1300 Wohneinheiten (also Häuser oder Wohnungen) pro Jahr benötigt (InWis: 2017). Um dies gewährleisten zu können wurden verschiedene Pläne für die Gemeinde entwickelt. Besonders wichtig ist die Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft. Eine Wohnungsbaugesellschaft strebt die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit gutem und bezahlbarem Wohnraum an. Dabei strebt sie nicht möglichst große Profite an, sondern handelt im Sinne des Allgemeinwohls.

Die Wohnungsbaugesellschaft kümmert sich um den Bau von neuen Wohnobjekten, aber auch um die Verwaltung und Bewirtschaftung. Die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft wäre ein wichtiger Schritt für die Gemeinde. Mit der Wohnungspolitik verhält es sich allerdings auch ein bisschen wie mit dem Hausbau: Größere Unterfangen (und die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft gehört unzweifelhaft dazu) brauchen Zeit, auch wenn man als Bürgermeister und/oder Häuslebauer vielleicht schon gerne viel schneller vorangekommen wäre. Dennoch wird sich in dieser Hinsicht in den folgenden Jahren dort einiges bewegen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, dass die Akteure besser miteinander kommunizieren – nicht nur die Politik, also die Bürgermeister und die Stadträte aus den Gemeinden sollten regelmäßig miteinander sprechen. Wohnungspolitik effektiv und gerecht zu gestalten, geht nur gemeinsam mit Akteuren, die ihre Erfahrungen, ihr Wissen und ihre Perspektive an Bedarfen mit einbringen.

Rommerskirchen wächst – das bedeutet, es braucht guten, bezahlbaren Wohnraum für jede Bürgerin und jeden Bürger in dieser Gemeinde. Für dieses Ziel arbeiten viele engagierte Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter gemeinsam jeden Tag. Wohnqualität ist Lebensqualiität und die soll in Rommerskirchen genauso stetig wachsen wie die Gemeinde selbst.

Quellen:

  • Domiando (2015): 6 bis 600 Interessenten für eine Wohnung – Vermieter zwischen Mieter-Andrang und Leerstand Exklusive Daten zum Wohnungsmarkt in Deutschland. Online verfügbar unter: http://magazin.domiando.de, zuletzt geprüft am 25.9.2017.
  • Hans-Böckler-Stiftung (2017): Wohnverhältnisse in Deutschland – eine Analyse der sozialen Lage in 77 Großstädten. Online verfügbar unter www.boeckler.de, zuletzt geprüft am 26.9.2017.
  • InWis (2017): Wohnungsbedarfsanalyse Rhein-Kreis Neuss.
  • Naßmacher, H. (2007): Kommunalpolitik in Deutschland. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.