Alles fake? Wie politische Nachrichten entstehen

Von Lena Vogel

„Meinem Politiker traue ich nicht!“

Sind Sie Feuerwehrfrau oder Sanitäter? Glück gehabt – Ihr Beruf ist in Deutschland besonders hoch angesehen. Anders steht es um Werbefachleute und Versicherungsvertreter: Wer glaubt, dass es sich hier um zwei besonders unliebsame Berufsgruppen handelt, der liegt nicht falsch. Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 gibt es jedoch einen Beruf, der ein noch viel geringeres Ansehen hat: Der Politiker. Nur 14 % der Deutschen trauen ihren VolksvertreterInnen in Parlamenten und Räten.

Und noch einem weiteren Berufszweig entgegnen die Deutschen viel Misstrauen: Journalistinnen und Journalisten. Mit etwa einem Drittel der Bevölkerung sind es zwar mehr als doppelt so viele Menschen, die den MedienmacherInnen trauen als den PolitikerInnen, dennoch: Beide Berufsgruppen rangieren auf hinteren Plätzen.

Nur 14 % der Deutschen trauen ihren Volksvertreterinnen und Volksvertretern in Parlamenten und Räten.

Fehlendes Vertrauen in den Journalismus und die Politik spiegeln sich in heutigen Debatten wieder. Mit dem Begriff „Fake News“ scheint Donald Trump vielen aus der Seele zu sprechen. Der Ausruf „Lügenpresse“ hatte sein großes Comeback im Jahr 2014, und dient seitdem als Buzzwort, wenn es um fehlerhafte Medienberichterstattung geht.

Das Problem mit dem Journalismus – Alles Fake News?

Aber was genau sind eigentlich Fake News? Falschnachrichten gibt es bereits seit etwa 500 Jahren. Typische „Fake News“ sollten eine Sensationsgier stillen, basierten meist auf Vorurteilen. Mit der Gutenbergschen Erfindung des Buchdrucks verbreiteten sich auch Fake News verstärkt.

Im 19. Jahrhundert wurden vor allem rassistische Ressentiments bedient und gegen Minderheiten gehetzt. Mit der Etablierung der Regenbogenpresse wurden falsche Nachrichten, z.B. Interviews mit falschen ExpertInnen, verbreitet – Sensationalismus wurde salonfähig.

Mit der Etablierung der Regenbogenpresse wurden falsche Nachrichten, z.B. Interviews mit falschen ExpertInnen, verbreitet – Sensationalismus wurde salonfähig

Mit der neuerlichen Popularität des Begriffes kommen wir in der Gegenwart an, in der Donald Trump etablierte amerikanische Medien als „Fake News“ beschimpft. Im Begriff Fake News mischen sich somit verschiedenste Dinge: Hetze, Propaganda, gefälschte Neuigkeiten.

Gemeinsam haben alle „Fake News“ aber: Sie verbreiten Unwahrheiten und wollen bewusst manipulieren. Eine interessante Beobachtung: Parallel zur Verbreitung von unseriöses Nachrichten entwickelte sich ein Gegenpol heraus. Im Laufe der Geschichte versuchte sich eine objektive Presse zu etablieren, die sich darum bemühte, Vertrauen zwischen der Öffentlichkeit und Journalismus aufzubauen.

Mehr Vertrauen durch Glashaus-Journalismus und Politiker auf Youtube?

Auch heute bemühen sich insbesondere große Redaktionen darum, sich von sogenannten „Fake News“ abzusetzen. „Faktenchecker“ sind in Mode: Das Recherchekollektiv „Correctiv“ aus Essen ist bekannt geworden als Kooperationspartner von Facebook gegen Fake News, das ZDF hinterfragt Nachrichten unter dem Hashtag #ZDF-check17, große Medienhäuser stellen in Artikeln Falschnachrichten klar, oder konfrontieren PolitikerInnen auf der Straße mit Fake News. Und nicht nur im Rahmen ihrer Anti-Fake-News Initiativen versuchen Redaktionen, ihre Arbeit transparenter zu machen. JournalistInnen legen ihre redaktionellen Ethik-Kodizes offen, erklären, wie Fehler zustande kommen konnten, zeigen Videos aus den Redaktionskonferenzen. Auch suchen sie interaktiv einen Feedbackkanal zu ihren Lesern, z.B. über Leserbriefe oder über Social Media-Aktivitäten. Transparenz soll wieder dazu führen, dass LeserInnen dem Journalismus stärker vertrauen. Den Transparenzgedanken haben auch PolitikerInnen für sich entdeckt: Über den Facebook-Kanal des Bürgermeisters Martin Mertens sucht dieser Interaktion mit den Bewohnern der Gemeinde. Hannelore Kraft gab im letzten Jahr Einblicke in ihr Berufsleben, indem sie ihren Alltag filmte und auf YouTube hochlud.

Vom Rathaus in die Lokalmedien

Während die Debatte über Falschnachrichten tobt, machen Journalistinnen und Journalisten weiterhin ihre Arbeit und produzieren News, die nicht „fake“ sind. Schließlich möchten Menschen wissen, was vor ihrer Haustür passiert, und wollen bei der nächsten Wahl eine fundierte Entscheidung treffen. Journalismus hat eine Kontrollfunktion – er kann über Entscheidungen von Politik berichten und sie mitunter kritisch hinterfragen. Doch wie schafft es eine Information, z.B. über den Bürgermeister der Gemeinde, zur Nachricht zu werden?

In einem Themenpool einer Redaktion landen täglich eine Vielzahl von Meldungen: Vereine, Organisationen oder die Gemeindeverwaltung verschicken im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit Pressemitteilungen, bedienen Social Media-Kanäle oder führen Pressegespräche. Auch Journalistinnen und Journalisten selbst bringen Themen ein, durch eigene Recherche vor Ort, im Netz oder aus anderen Quellen. So kann auch die Information über den Bürgermeister der Gemeinde im Ideenpool landen – was jedoch noch lange nicht heißt, dass sie ihren Platz in der Zeitung, dem Radio oder auf anderen Plattformen findet. Informationen, die redaktionell bearbeitet werden, wurden zuvor kräftig ausgesiebt. JournalistInnen orientieren sich dabei an verschiedensten Kriterien: Ist die Information relevant, aktuell, faktisch richtig? Eine Information, die größere Konsequenzen für den Ort hat, an dem sie publiziert wird, wird wahrscheinlicher eine Nachricht.

Auch ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Journalistinnen und Journalisten über bekannte Personen berichten als über Unbekannte. Schließlich orientiert sich die Redaktion auch daran, was ihre Leser besonders interessiert.

Nachdem einige Informationen ausgewählt wurden, wird ein Beitrag erstellt, verschiedene Quellen werden befragt, auch das zuständige Presseamt der Gemeinde kann kontaktiert werden. Wie der konkrete redaktionelle Ablauf aussieht, ist je nach Medium unterschiedlich:

Informationen, die redaktionell bearbeitet werden, wurden zuvor kräftig ausgesiebt.

Online-Redaktionen haben einen stärkeren Aktualisierungsdruck, sie organisieren sich meist anders als z.B. eine Tages- oder Wochenzeitung, die auch längere Recherchen durchführen können. Bevor ein Beitrag veröffentlicht wird, kontrollieren JournalistInnen, ob sie sich an journalistische Grundsätze gehalten haben. Dabei können sie sich z.B. an ethischen Normen, die vom Presserat vorgegeben werden (Pressekodex) orientieren. Diese besagen: Nachrichten müssen der Wahrheit entsprechen, sie müssen unabhängig von Interessen entstehen. Informationen müssen ohne unlautere Methoden beschafft worden sein, außerdem müssen die Persönlichkeitsrechte der Personen geachtet werden, über die berichtet wird. Das gilt insbesondere bei schweren Verbrechen.

Das Sprachrohr der Gemeinde: Die Presseabteilung Rommerskirchen

Einen Schritt zurück: Woher genau kommt die Information über den Bürgermeister überhaupt? Die Gemeinde Rommerskirchen hat ihre eigene Kommunikationsabteilung: Im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind der erste Pressesprecher Dr. Elmar Gasten und seine Stellvertreterin Bele Hoppe die ersten Ansprechpartner, wenn es um offizielle Informationen über Bürgermeister, Verwaltung und Ereignisse in der Gemeinde geht.

Die Gemeinde Rommerskirchen möchte ihre Bürgerinnen und Bürger auf dem Laufenden halten: Sie veröffentlicht Termine des Bürgermeisters, Informationen zu Bauangelegenheiten, Verwaltungsthemen und Veranstaltungen. Hierzu gibt es verschiedene Kanäle, um Mitteilungen zu übermitteln: Pressemitteilungen werden auf der Website und über den Facebookaccount des Presseamtes veröffentlicht, öffentlich einsehbar. In den Themenpool einer Lokalredaktion gelangt die Pressemitteilung häufig über das Mailpostfach, in Rommerskirchen sind zum Beispiel NE-WS 89.4, die NGZ oder der Erft-Kurier im Verteiler. Gleichzeitig richten sich Journalistinnen und Journalisten mit Fragen direkt an den Pressesprecher. Wie viele Menschen haben bisher für die Bundestagswahl Briefwahl beantragt? Haben alle Kinder in der Gemeinde in diesem Jahr einen Kitaplatz bekommen?

In regelmäßigen Abständen finden Pressegespräche statt: Der zuständige Lokalredakteur, Bürgermeister Martin Mertens und Pressesprecher Elmar Gasten tauschen sich persönlich über Themen aus, die die Gemeinde Rommerskirchen bewegen.

JournalistInnen richten sich mit Fragen direkt an den Pressespre-cher: Haben alle Kinder in der Gemeinde einen KitaPlatz bekommen?

Hier können JournalistInnen nachhaken, sowie die Handlungen der Gemeindeverwaltung kritisch hinterfragt werden. Die Gemeinde Rommerskirchen ist bemüht, am Ende nicht in einem schlechten Licht da zu stehen. Zahlen, die herausgegeben werden, werden in einen Zusammenhang gesetzt, wenn über Probleme gesprochen werden muss, bemüht sich die Öffentlichkeitsarbeit darum, einen Lösungsansatz aufzuzeigen. Hier unterscheiden sich die Arbeit von Öffentlichkeitsarbeit und dem Journalismus: Während die Gemeinde bemüht ist, ihren guten Ruf zu wahren, hinterfragen JournalistInnen Informationen aus der Öffentlichkeitsarbeit kritisch. Sie recherchieren nach, kontrollieren Zahlen, und richten sich nach journalistischen Qualitätsstandards (s.o.). So kann es dazu kommen, dass die Gemeinde nicht von allem, was in Zeitung, Radio, oder Onlinemedien landet, profitiert.
Damit Nachrichten nicht „fake“ werden, spielen somit viele Komponenten eine Rolle: Quellen, wie beispielsweise die Pressekanäle einer Gemeinde, müssen gute Arbeit leisten. JournalistInnen müssen Quellen prüfen, Informationen anhand von Relevanz, Aktualität, Richtigkeit und Nachrichtenwerten sortieren, sowie sich an ethische Standards halten – eine Arbeit, die nicht in hundert Prozent der Fälle fehlerfrei funktioniert. Damit Fake News nicht weiterhin die öffentliche Diskussion bestimmen, können Transparenzinitiativen – auf der Seite von Journalismus und Politik – ihren Teil dazu beitragen, das Vertrauen in beide Berufsbilder in der Bevölkerung zu steigern. Vielleicht können PolitikerInnen und JournalistInnen sich dann über bessere Umfrageergebnisse freuen, bei denen sie nicht allzu weit zu Feuerwehrmännern und Sanitäterinnen auf-schauen müssen.

Quellen:

  • Gfk Verein (2015): Trust in Professions. Online verfügbar unter: http://www.gfk-verein.org/compact/fokusthemen/weltweites-ranking-vertrauenswuerdige-berufe, zuletzt geprüft 23.9.2017.
  • Meier, K.; Reimer, J. (2011): Transparenz im Journalismus. In: Publizistik, 56 (2), p.133-155.
  • Soll, J. (2016): The Long and Brutal History of Fake News. Online verfügbar unter: http://www.politico.com/magazine/story/2016/12/fake-news-history-long-violent-214535, zuletzt geprüft am 23.9.2017.
  • Tagesschau.de (2017): Faktenchecker und Fake-Aufdecker. Link Empfehlungen. Online verfügbar un-ter: http://faktenfinder.tagesschau.de/tutorials/faktencheck-101.html, zuletzt geprüft am 23.9.2017.
  • Weischenberg, S. (2001): Nachrichtenjournalismus. Anleitung und Qualitätsstandards für die Medienpraxis. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.